Marš Mira (Bosnisch: Marsch für Frieden) ist ein jährlich von 8. bis 10. Juli stattfindender Friedensmarsch in Bosnien Herzegowina der zur Erinnerung an den Genozid in Srebrenica 1995 von Überlebenden organisiert wird. Der erste Marsch wurde 2005 zur 10ten Wiederkehr des Massakers abgehalten.
Der Mars Mira dauert drei Tage und folgt, ausgehend vom Dorf Nezuk bei Sapna in der Nähe von Tuzla in umgekehrter Richtung den ursprünglichen Fluchtrouten der circa 15000 bosnischen Männer und Jungen die nach dem Fall der Stadt Srebrenica 1995 versuchten in einem Gewaltmarsch das circa 120km entfernte Territorium der freien Armee der Republik Bosnien Herzegowina bei Tuzla zu erreichen. Während Angehörige der bosnischen Armee von den Serben im Zuge dieses Marsches meist nicht angegriffen wurden, lauerten die Serbisch paramilitärischen Verbände unter Ratko Mladic den Zivilisten an vielen Stellen auf, erschossen sie oder nahmen sie gefangen um sie später in den umliegenden Dörfern zu exekutieren. Viele ergaben sich auch aus Hunger oder Erschöpfung. Die ersten Verbände erreichten das freie bosnische Territorium nach 3 Tagen, die letzten Überlebenden trafen erst nach Monaten im Winter 1995 ein. Nur ingesamt circa 4000 der ursprünglich 15.000 Männer und Jungen (manche Schätzungen gehen von über 20.000 aus) erreichten das freie Territorium bei Tuzla.
Der Marsch führt durch hügeliges, dicht bewachsenes Gelände, vorbei an immer noch zerstörten Häusern und Dörfern und an vielen primären und sekundären Massengräbern. Gecampt wird nach circa 40km jeweils auf offenem Gelände.
Am dritten Tag (10. Juli) erreicht der Mars Mira den Ort Potocari und den Srebrenica Genozid Memorial Friedhof. Dort tragen die männlichen Teilnehmer des Marsches die Särge der im Vorjahr identifizierten Opfer von der Aufbahrungshalle auf den Friedhof, wo sie am nächsten Tag, dem 11. Juli, beigesetzt werden.
Der Mars Mira-Marsch für Frieden ist seit seiner Gründung 2005 zu einem internationalen Ereigniss geworden. Nicht nur Veteranen und Angehörige der Opfer nehmen teil, auch eine große Anzahl von Menschen aus der ganzen Welt zollt in diesen drei Tagen ihren Respekt vor den Opfern des Genozids. 2015 zur 20jährigen Wiederkehr des Falls von Srebrenica zählte man 10.000 Teilnehmer.
Trotz dieser großen Teilnehmerzahl kämpfen die Überlebenden des Srebrenica Genozids und deren Angehörige immer noch um Anerkennung und Gerechtigkeit.
Dazu Amir Kulaglic, Überlebender des Genozids und Berater des Bürgermeisters von Srebrenica: “Ich dachte Menschen können nur einmal sterben, aber nach einem Genozid kannst du nochmals sterben. Zuerst, wenn sie dir dein Leben nehmen. Dann nochmals, wenn deine Gebeine verlegt werden, aber die Verweigerung der Anerkennung als Opfer ist die letzte Phase des Genozids. Jeden Tag verbringen wir in Schweigen. Es ist die Verweigerung der Anerkennung, dass du als Mensch existiert hast.”
In der Gegend von Srebrenica wurden im Juli 1995 mehr als 8000 Bosniaken – fast ausschließlich Männer und Jungen zwischen 13 und 78 Jahren – getötet. Das Massaker wurde unter der Führung von Ratko Mladic von der Armee der Republika Srpska (Vojska Republike Srpske, VRS), der Polizei und serbischen Paramilitärs trotz Anwesenheit von Blauhelmsoldaten der UN Dutchbat verübt. Es zog sich über mehrere Tage hin und verteilte sich auf eine Vielzahl von Tatorten in der Nähe von Srebrenica. Die Täter vergruben tausende Leichen in Massengräbern. Mehrfache Umbettungen in den darauf folgenden Wochen sollten die Taten verschleiern. Die Rolle der niederländischen Blauhelm-Soldaten und die ihres Kommandanten Thomas Karremans, die nicht entschieden einschritten, um die Morde zu verhindern, ist bis heute umstritten.
Das Massaker gilt als das schwerste Kriegsverbrechen in Europa seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Bereits abgeschlossene Prozesse vor internationalen Gerichten zeigten, dass die Verbrechen nicht spontan erfolgten, sondern systematisch geplant und durchgeführt wurden. Der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (UN-Kriegsverbrechertribunal, kurz: ICTY) in Den Haag bezeichnete das Massaker in den Urteilen gegen Ratko Mladic, Radislav Krstic, Vidoje Blagojevic, Dragan Jokic,Ljubiša Beara und Vujadin Popovic als Völkermord. Ende Februar 2007 bewertete der Internationale Gerichtshof das Massaker ebenfalls als Völkermord. Aufgrund eines russischen Vetos scheiterte im Juli 2015 eine Resolution des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen, die die Geschehnisse als Völkermord bezeichnete.
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